Vom Klostergarten zum Longevity-Labor
Die überraschende Reise eines alten Heilmittels
Vor Jahrhunderten, lange bevor die moderne Medizin Einzug hielt, wussten Heilkundige etwas, das heute wieder an Bedeutung gewinnt: Die Natur kennt oft Lösungen, bevor die Wissenschaft die passenden Begriffe dafür findet.
In den Klostergärten des Mittelalters und in der Volksmedizin Südeuropas gehörte eine Pflanze zur Standardausstattung der Heilkräuter: die Ziegenraute (Galega officinalis). Sie wurde bei einer rätselhaften, kräftezehrenden Krankheit verabreicht, die sich durch starken Durst, häufiges Wasserlassen und rapiden Gewichtsverlust äußerte – Symptome, die wir heute dem Diabetes mellitus zuordnen. Zwar kannte man damals weder den Blutzucker noch Insulin, aber die Wirkung war beobachtbar: Patienten mit diesen Beschwerden fühlten sich nach der Gabe von Ziegenrauten-Aufgüssen oftmals besser.
Im 19. Jahrhundert nahm sich die Chemie dieser Pflanze an – und entdeckte den Wirkstoff Guanidin, der tatsächlich blutzuckersenkende Eigenschaften besitzt. Doch die Substanz war in ihrer Reinform zu giftig. Erst durch gezielte chemische Weiterentwicklung entstand eine neue Stoffklasse: die Biguanide. Aus ihnen wiederum wurde später Metformin synthetisiert – ein Wirkstoff, der heute weltweit zu den wichtigsten Mitteln in der Behandlung des Typ-2-Diabetes zählt.
Ursprünglich in den 1950er-Jahren eingeführt, blieb Metformin lange Zeit ein funktionales, aber vergleichsweise unspektakuläres Medikament. Es senkt den Blutzuckerspiegel, verbessert die Insulinempfindlichkeit und reduziert das Risiko für typische Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall – besonders bei übergewichtigen Patienten. Doch in den letzten Jahren rückte es erneut ins Zentrum der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Der Grund: Seine möglichen Effekte auf die Lebensdauer.
Metformin reduziert Sterberisiko bei älteren Frauen mit Diabetes signifikant
Eine aktuelle Auswertung der Women’s Health Initiative, einer US-amerikanischen Langzeitstudie mit über 30 Jahren Beobachtungszeit, brachte Erstaunliches ans Licht: Frauen über 60 mit Typ-2-Diabetes, die mit Metformin behandelt wurden, hatten eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, 90 Jahre oder älter zu werden – verglichen mit Frauen, die Sulfonylharnstoffe einnahmen. Der Unterschied war nicht marginal: Das Sterberisiko lag bei der Metformin-Gruppe um bis zu 30 Prozent niedriger.
Erklären lässt sich dieser Effekt möglicherweise durch systemische Wirkmechanismen von Metformin. Das Medikament wirkt nicht nur auf den Zuckerstoffwechsel, sondern hemmt chronische Entzündungsprozesse, beeinflusst die Zellalterung und begrenzt DNA-Schäden – alles Prozesse, die mit dem biologischen Altern in Zusammenhang stehen.
Target Trial statt Zufall: Neue Auswertungsmethode stärkt Metformin-Daten
Zwar handelt es sich bei der genannten Untersuchung nicht um eine klassische randomisierte Studie, sondern um eine sogenannte Target Trial Emulation – ein modernes Analyseverfahren, das Beobachtungsdaten in kliniknahe Aussagen überführt. Dennoch sind die Ergebnisse robust: Auch unter verschiedenen statistischen Annahmen und nach Ausschluss früher Todesfälle blieb der Effekt bestehen. Besonders im Vergleich mit dem Wirkstoff Glipizid war der Vorteil von Metformin markant (37 Prozent geringeres Sterberisiko).
Was vor Jahrhunderten als empirische Beobachtung begann, wird heute mit feinster Methodik weitergedacht: Ein Naturstoff, der aus einer mittelalterlichen Heilpflanze hervorging, könnte nicht nur Leben retten – sondern vielleicht auch verlängern.
Noch ist es zu früh, Metformin als Anti-Aging-Medikament zu feiern. Die laufende TAME-Studie (Targeting Aging with Metformin), die von der US-Arzneimittelbehörde FDA genehmigt wurde, soll bald genauer prüfen, ob der Wirkstoff auch bei Nicht-Diabetikern zu einem gesünderen Altern beitragen kann. Doch schon jetzt zeigt sich: Die Geschichte des Metformins ist noch nicht zu Ende geschrieben – und sie begann nicht im Labor, sondern im Beet eines Klostergartens.
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Traditionelle Ziegenrauten‑Tee‑Zubereitung
Zutaten:
- 1 Teelöffel (≈ 2 g) getrocknetes Kraut der Ziegenraute (Herba Galegae, gesammelt zur Blütezeit)
- 250 ml heißes, nicht mehr kochendes Wasser
Zubereitung:
- Das getrocknete Kraut in eine Teekanne oder ein Glas geben.
- Mit heißem, nicht ganz kochendem Wasser (ca. 90 °C) übergießen.
- Abgedeckt 10–15 Minuten ziehen lassen.
- Durch ein feines Sieb oder Tuch abseihen.
Dosierungsempfehlung:
1 Tasse Tee, 1–2-mal täglich trinken, idealerweise zu den Mahlzeiten.
Laut traditionellen Quellen (z. B. Drugs.com) wurden zur Behandlung von Stoffwechselproblemen auch 1 TL Kräutertee zweimal täglich verwendet
Hinweise & historische Einordnung
Die Ziegenraute wurde seit dem Mittelalter in Europa als diuretisches Mittel und zur Linderung von Symptomen verwendet, die wir mittlerweile mit Diabetes in Verbindung bringen .
Enthaltene Wirkstoffe wie Galegin und Guanidin üben blutzuckersenkende Effekte aus.
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